Sonntag, 12. November 2023

Stinnes BauMarkt - mein Herz schlägt immer noch rot - grün

Sonntag. Wunderbar bis 7.45 Uhr ausgeschlafen. Raus an die frische Luft. Eine 5 KM Runde drehen. Welche nehme ich heute? Vielleicht mal wieder die Nostalgie - Runde? Von Neukölln durch das Tempelhofer Gewerbegebiet, wo immer noch der größte ehemalige Stinnes BauMarkt steht? Zumindest die äußere Hülle. Die Seele ist schon lange gegangen. Stinnes BauMarkt war für mich eines der besten Baumarktunternehmen. Stinnes war die Tochter eines der größten Energiekonzerne der damaligen Zeit. Irgendwie aus dem Baustoff - und Brennstoffhandel hervorgegangen. Peter Biel war ein großartiger Unternehmer. Dynamisch, cholerisch, charismatisch, temperamentvoll und äußerst trinkfest. Er gab dem Unternehmen das Gesicht und die Energie. Damit alles trotzdem in geordneten Bahnen verlaufen konnte, hatte er als Finanzvorstand Horst Peter Herfert an der Seite, einen trockenen Buchhaltertypen, sehr strukturiert und systematisch. Das Unternehmen hatte um 1987 gut 60 Märkte, war innovativ und eine starke und stabile Unternehmenskultur. Wir dachten und handelten rot - grün. Mitarbeiter identifizierten sich mit der Unternehmung und hatten Spaß an ihrem Job. Dann kam das, was damals als modern galt. Größe ist in. Es wurde ein sehr erfolgreicher Manager verpflichtet, der den nationalen Vertrieb übernahm. Sicher auch ein topqualifizierter Typ, ebenfalls sehr charismatisch und cholerisch. Ein Typ von dem ich persönlich sehr viel gelernt habe und von dem ich heute trotzdem sage, dass er das Ende der Company einläutete. Michael Baumgardt ordnete Aufbau und Struktur des Vertriebes und professionalisierte es. Vieles änderte sich zum noch positiveren. Dann aber beeinflusste er Biel und Herfert dazu, größer werden zu wollen, um für den Mutterkonzern eine wichtigere Einheit zu werden. Man entschied sich dazu, die 80 völlig heterogene Baumärkte von Coop zu übernehmen. Ein völlig desolates Unternehmen, an dessen Integration man letztlich scheiterte und sich verschluckte. Die Unternehmenskultur war dahin, die Ergebnissituation geriet in Schieflage und das Unternehmen wurde letztlich an das zweitklassige Toom Baumarkt von Rewe verkauft. Seit meiner Rückkehr nach Berlin laufe ich also öfter an diesem quasi seelenlosen Gebäude vorbei und erinnere mich an die alten Zeiten und trauere um die Gegenwart. Toom brachte hier in dilletantischer Weise ein völlig undurchdachtes Baumarkt - Discountkonzept hinein, was sich natürlich nicht durchsetzen und behaupten konnte. Kein roter Faden, keine Linie. Nach dessen Abwicklung kam es noch schlimmer. Ein Getränkedienst brachte dort sein Logistiklager unter. Mittlerweile steht das Gebäude wieder leer. Viele Gedanken schossen mir beim heutigen Lauf diesbezüglich durch den Kopf. Gib dem Geschäft neben dem erstklassigen Konzept eine Seele, eine Kultur. Sieh zu, dass du diese nicht verwässerst. Bleib bescheiden und wachse organisch und homogen. Schiere Größe bedeutet nichts. Kümmere dich um deine Mitarbeiter und binde sie in die Entscheidungsprozesse mit ein. Lass sie vom organischen und qualifikativen Wachstum profitieren. Ein herrlicher Lauf heute, eigentlich richtig flott, wurde langsamer, als ich ums Gebäude herumlief, sozusagen von der Werkzeugstraße in die Fliesenstraße zur Malerstraße kam. Laufen tut gut. Unglaublich was du gedanklich und sportlich dann auf 5 KM und 31 Minuten erleben kannst. Eine wunderbare Reise in die Vergangenheit.

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