Donnerstag, 7. Juli 2022

Sei vernünftig und lauf mal nicht

Zugegeben, das fällt mir etwas schwer. Irgendwie sitzt es tief in meinem Kopf, dass ich möglichst täglich laufen muss. Allerdings bin ich vor einiger Zeit zu einem effektiven Trainingsansatz gekommen und der hat meine Sinne dafür geschärft, wann ein Training effektiv ist und wann nicht. Klar, es ist schön, an die frische Luft zu kommen, sicher auch gesund, aber für ein gezieltes Training ist es oft nicht weiter förderlich. Gestern Abend hatte ich dann ein weiteres Schlüsselerlebnis diesbezüglich, als ich zum Zahnarzt spazierte und feststellte, dass ich die Strecke etwas unterschätzt hatte und im Begriff war zu spät zu kommen. Es waren halt nicht 4 KM sondern fast 5. Auf den letzten 1000 Metern verfiel ich also in einen leichten Trab und das reichte bereits, um mir zu verdeutlichen, dass ich eine kurze Laufpause brauche. Oberschenkel und Gesäß waren scheinbar leicht gezerrt. Selbst angestrengte Läufe im Schneckentempo generieren bestenfalls ein paar Kilometer für die eigene Laufstatistik, bringen aber überhaupt keinen Trainingseffekt. Sie verlängern nur verletzungsbedingt die unproduktive Zeit. Also werde ich heute und vielleicht sogar morgen pausieren. Je nachdem, wie schnell Voltaren forte und das originale chinesische Tiger Balm helfen können und ich mich wiederhergestellt fühle. Die lauffreien Morgenstunden nutzte ich denn für mein Buch. Irgendwie auch wie ein Marathon oder besser gesagt, wie ein 100 KM Lauf. Erst denkst du, dass es ganz leicht sei, so ein Projekt anzugehen, dann brauchst du schon für die ersten 2 Seiten fast 2 Stunden und es kommt dir mühselig und unmöglich vor. Später kommst du in eine Art von Schreibflow und bist beflügelt, alles scheint easy und dann folgt oftmals wieder Stagnation, verbunden mit dem Gefühl, das schaffst du nie. Ähnlich sieht es beim 100 KM Lauf aus, wenn du glaubst, es beinahe gepackt zu haben, und bei KM 80 am Ende einer kleinen Ortschaft an einer Abbiegung stehst und die nächste, nicht mehr erwartete steile Steigung siehst. Immerhin, gut 70 Seiten habe ich bereits für mich geschrieben und noch lange nicht alles abgearbeitet, was mir auf der Seele brennt. Bis Ende Oktober will ich fertig sein. Dann bin ich den entscheidenden Marathon gelaufen und habe hoffentlich auch berufliche die Perspektive gefunden, die mich weiter treiben wird. Letztlich fragte mich ein guter Bekannter, wer sich denn für das halbwegs autobiographische Werk eines Gelegenheitsläufers (Verlegenheitsläufers?) interessieren würde und lachte mich fast mitleidig an. Ich lachte locker zurück. Das ist mir egal, entgegnete ich. Es ist nur für mich, aber ich denke, so ein paar Leute sind durchaus daran interessiert. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg, vielleicht ein Drittel ist gerade mal geschafft. Was mich in der Tat an die 100 Kilometer von Biel erinnert? Nun, auch da schwächelte ich bei jedem meiner Läufe und war doch sicher, dass ich es schaffen werde. Wichtig ist, immer an sich selbst zu glauben. Der Bonus ergibt sich, wenn du merkst, dass auch andere an dich glauben. Get ready to rumble. Das Beste kommt noch. Du musst nicht bis zum Schluss warten, hehe.

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